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Sachsens Luftfahrt-Comeback: In Leipzig entsteht jetzt das modernste Flugzeugwerk der Welt

Sachsen schreibt wieder Luftfahrtgeschichte: Der Bau des neuen Flugzeugwerks am Flughafen Leipzig/Halle startet in die finale Phase. Hunderte neue Jobs entstehen, doch der Zeitplan ist ambitioniert. Wie geht es jetzt weiter – und warum ist das Projekt so wichtig?

Lesedauer: 5 Minuten

Leipzig/Schkeuditz. Noch präsentiert sich die Baustelle für Sachsens neues Flugzeugwerk weitgehend unspektakulär, doch das wird nicht mehr lange so bleiben. Es soll jetzt ganz schnell gehen am Flughafen Leipzig/Halle: Schon ab Januar 2026 soll hier die Fertigung der hochmodernen Regionalflugzeuge des Typs D328eco beginnen. Der Flugzeughersteller Deutsche Aircraft bringt den Flugzeugbau zurück nach Sachsen.

Am Mittwoch wurde nun der Grundstein für das neue Werk gelegt, und die Beteiligten sparten nicht an großen Worten. Von „Luftfahrtgeschichte“ sprach Unternehmenschef (CEO) Nico Neumann: „Wir bauen eine komplett neue Fertigungslinie“ – nach seinen Worten ist es die modernste und umweltfreundlichste der Welt. Und Götz Ahmelmann, der Vorstandsvorsitzende der Mitteldeutschen Flughafen AG, kommentierte: „Flugzeugbau is coming home.“ In der Flughafenstadt Schkeuditz, muss man dazu wissen, wurden bis 1961 schon einmal Flugzeuge gebaut.

Fest steht: Es ist ein Projekt, wie es Sachsen und Deutschland seit Langem nicht gekannt haben. Nur was bedeutet es für die Region? Und was ist das für ein Flugzeug, das bald in Leipzig vom Band läuft? Der Überblick.

Was genau plant die Deutsche Aircraft am Flughafen Leipzig/Halle?

Für Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer steht fest: Dass die Deutsche Aircraft nach Sachsen kommt, „ist eine unglaubliche unternehmerische Entscheidung“. Der Oberbürgermeister der Stadt Schkeuditz, Rayk Bergner (ebenfalls CDU), betont: „Mit der Deutschen Aircraft wird Geschichte geschrieben.“

Und tatsächlich entsteht hier ein riesiger Industriekomplex auf einer 60.500 Quadratmeter großen Fläche. Herzstück ist die Endmontagelinie für die D328eco, genannt Final Assembly Line. Diese funktioniert vollständig digital, setzt auf ein hohes Maß an Automatisierung – und ist für eine klimaneutrale Produktion ausgelegt.

Die Deutsche Aircraft investiert 100 Millionen Euro in das neue Flugzeugwerk.
Die Deutsche Aircraft investiert 100 Millionen Euro in das neue Flugzeugwerk.
Quelle: Jan Woitas/dpa

Wie Unternehmenschef Neumann erläuterte, werden in dem neuen Hightech-Werk die verschiedenen Flugzeugkomponenten zusammengesetzt, Triebwerke und Propeller montiert sowie die komplexen Bordsysteme installiert.

Doch bei der Endmontagelinie allein bleibt es nicht: Die Deutsche Aircraft lässt außerdem einen Flugbereitschaftshangar, ein Logistikzentrum und ein Verwaltungsgebäude errichten. Über 100 Millionen Euro werden investiert. Der Flugzeughersteller hat seinen Stammsitz in Oberpfaffenhofen bei München und gehört zum US-Luft- und Raumfahrtkonzern Sierra Nevada.

Der erste Spatenstich wurde schon vor zwei Jahren gefeiert. Warum ist vom Werk bisher nichts zu sehen?

Tatsächlich fällt mit Blick auf das gut acht Fußballfelder große Gelände nördlich der A14 auf: Ein sichtbarer Fortschritt ist bisher kaum erkennbar. Doch Stillstand herrschte seit dem ersten Spatenstich nicht, betont Aircraft-Chef Neumann: So musste zunächst der Höhenunterschied auf dem Areal ausgeglichen werden. Um Stabilität für die Hallen zu gewährleisten, wurden zudem 280 Bohrpfähle in die Erde eingebracht – es sind aufwendige Vorarbeiten.

Hinzu kommt: Die Entwicklung und der Bau eines neuen Flugzeugs sind äußerst komplex. Zulieferer gewinnen, um Zertifizierungen bemühen und erste Kunden finden – all das stand auf der Aufgabenliste. Im vergangenen Jahr hatte die Deutsche Aircraft bereits offiziell bekannt gegeben, dass sich die Erstauslieferung verzögert: Das erste Flugzeug wird demnach erst 2027 an einen Kunden übergeben – und nicht wie zunächst angekündigt 2026. Begründet wurde das mit Regularien, die einen „detaillierten und umfassenden Zertifizierungsprozess“ mit sich gebracht hätten. Wie der Schkeuditzer Oberbürgermeister Bergner betonte, habe es nie Zweifel an der Investition gegeben: „Wir glauben seit vielen Jahren an das Projekt. Und dass die Entwicklung eines neuen Flugzeuges nicht aus dem Ärmel geschüttelt werden kann, verstehen auch Laien.“

Warum ist das Projekt für die Region Leipzig und Sachsen wichtig?

Die Großinvestition der Deutschen Aircraft sorgt in der gesamten Luftfahrtbranche für Aufsehen, doch besonders groß ist das Interesse zweifelsohne in Sachsen. Denn mit der Ansiedlung entwickelt sich der Flughafen Leipzig/Halle zu einem bedeutenden Standort in der Flugzeugproduktion.

Bis zu 350 neue Arbeitsplätze entstehen unmittelbar am Airport. Flughafen-Chef Götz Ahmelmann weist zudem darauf hin, dass mit der Ansiedlung Synergieeffekte entstehen – und der Standort zu einem Magneten für Zulieferer werden könnte.

Für Ministerpräsident Kretschmer ist der Ansiedlungserfolg zudem ein Beweis dafür, dass Leipzig/Halle als Deutschlands zweitgrößter Frachtflughafen eine wirtschaftliche Strahlkraft für ganz Mitteldeutschland entwickelt. Man habe immer daran geglaubt, dass der Flughafen mit seiner großen Infrastruktur entsprechende Erfolge hervorbringe, betonte der Regierungschef.

Ministerpräsident Michael Kretschmer (r.) und Aircraft-CEO Nico Neumann: Der Grundstein für das Flugzeugwerk ist gelegt
Ministerpräsident Michael Kretschmer (r.) und Aircraft-CEO Nico Neumann: Der Grundstein für das Flugzeugwerk ist gelegt
Quelle: Michael Strohmeyer

Welche Bedeutung hat das Projekt für Deutschland?

Es ist über 20 Jahre her, als mit der Turboprop-Maschine Dornier 328 in Deutschland zuletzt ein Flugzeug eigenständig gebaut und entwickelt wurde – abseits des Airbus-Konzerns, versteht sich. Die Dornier gilt noch heute als Ikone der deutschen Luftfahrt.

Die Ansiedlung der Deutschen Aircraft markiert nun die Rückkehr des Flugzeugbaus in die Bundesrepublik – und zwar von der Entwicklung bis zur Produktion.

Das Signal, das von der Investition ausgeht: Trotz aller strukturellen Herausforderungen bleibt Deutschland ein Innovationsstandort – und hat Unternehmen, die fortschrittliche Technologien entwickeln können.

Die Deutsche Aircraft will in Leipzig/Halle bis zu 48 Maschinen des Typs D328eco fertigen. Der Nachfolger der Dornier 328 gilt als nachhaltiges und modernes Regionalflugzeug.
Die Deutsche Aircraft will in Leipzig/Halle bis zu 48 Maschinen des Typs D328eco fertigen. Der Nachfolger der Dornier 328 gilt als nachhaltiges und modernes Regionalflugzeug.
Quelle: Deutsche Aircraft

Die zunehmenden geopolitischen Spannungen haben zudem gezeigt, dass es für eine Volkswirtschaft essenziell ist, sich nicht von einzelnen Herstellern abhängig zu machen, sondern sich breit aufzustellen – daher hat das Projekt auch eine industriepolitische Bedeutung. Nicht zuletzt ist die D328eco ein hochmodernes Flugzeug, das internationale Maßstäbe setzen soll.

In Leipzig/Halle wird die D328eco gebaut. Was ist das für ein Flugzeug?

Die D328eco ist eine Weiterentwicklung der bekannten Dornier. Sie bietet statt 33 fortan 40 Passagieren Platz und kommt mit modernster Technologie daher. Der Treibstoffverbrauch pro Passagier ist 14 Prozent geringer, zudem kann die Maschine zu 100 Prozent mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden – es ist ein wichtiger Schritt hin zum klimafreundlichen Fliegen.

Der Deutschen Aircraft zufolge handelt es sich um das effizienteste und nachhaltigste Regionalflugzeug seiner Klasse.

Der Grundstein ist gelegt. Wie geht es jetzt weiter?

Das Flugzeugwerk errichtet der belgische Projektentwickler Weerts Group für die Deutsche Aircraft. Deren CEO Yves Weerts ist sich dem Zeitdruck bewusst: „Wir haben nur noch ein paar Monate“, räumte er ein. Die Planungsphase sei bereits anstrengend gewesen, doch nun könne man durchstarten.

„Am Montag geht es los mit dem Bau“, sagte Weerts. Dann sei der Fortschritt für alle sichtbar. Auch die Entwicklung der D328eco macht Fortschritte: Ende Mai soll die Maschine der Öffentlichkeit präsentiert werden. Der Plan steht: Bald sollen jährlich bis zu 48 Flugzeuge des Modells in Leipzig/Halle produziert werden.

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