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Leipzig. Im Leipziger Norden wird seit Jahren eine Erfolgsgeschichte geschrieben, die das wirtschaftliche Wachstum der Messestadt entscheidend mitgeprägt hat – und eng verbunden ist mit zwei Namen: Porsche und BMW.
Die Werkseröffnungen Anfang der 2000er-Jahre gelten als Glücksfall für Leipzig: Binnen Kurzem wuchs in der Region nach Jahren des Niedergangs die Zahl der Industriearbeitsplätze wieder. Und die Stadt profitierte von Millionen an Gewerbesteuereinnahmen.
Doch jetzt, nach erfolgsverwöhnten Jahren, verändert sich etwas: Im Leipziger Rathaus verfolgt man die Entwicklungen in der Automobilbranche mit bangen Blicken – ein maßgeblicher Grund ist ausgerechnet Porsche. Der Stuttgarter Autobauer zählt mit BMW zu den größten Steuerzahlern in der Messestadt.
Gewinn bricht um 40 Prozent ein
Das Problem aus Leipziger Sicht: Der Luxus-Hersteller des VW-Konzerns reiht sich ein in die Liste deutscher Autobauer, deren Geschäftsmodell massiv unter Druck gerät. Das erste Quartal hat dem Autobauer einen Gewinneinbruch beschert: Das Betriebsergebnis sank um 40,6 Prozent auf 760 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Umsatz schrumpfte um 1,7 Prozent auf 8,86 Milliarden Euro. Zudem hat Finanzvorstand Jochen Breckner Ende April die Jahresprognose für den Autobauer nach unten geschraubt. Grund für die schlechteren Aussichten sind vor allem das schwächelnde China-Geschäft und die Trump-Zölle.
Gewerbesteuereinnahmen massiv gestiegen
Angesichts dieser Zahlen erfordert es nicht viel Fantasie, um zu erahnen, dass sich Leipzig auf weniger Gewerbesteuer als im Vorjahr einstellen muss. Wird das zu einem ernsthaften Problem für die Leipziger Stadtkasse?
Fest steht: Die Autobauer haben für die Stadt allein schon wegen ihrer Gewerbesteuerzahlungen eine hohe Bedeutung. Diese waren verteilt über alle Wirtschaftsbranchen in den vergangenen Jahren massiv gestiegen: von 350 Millionen Euro im Vor-Corona-Jahr 2019 auf 663 Millionen Euro im Jahr 2024. Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes – das sind vor allem Porsche und BMW – an den Gewerbesteuerzahlungen insgesamt stieg zuletzt auf rund ein Drittel. Dies trug erheblich dazu bei, dass der städtische Haushalt nur ein kleines Minus aufweist.
In welche Richtung es nun gehen könnte, zeigt ein Blick auf die Steuer-Vorauszahlungen der Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes. Der Anteil an den Gewerbesteuern insgesamt sank von 31 Prozent zu Anfang des vergangenen Jahres auf 24 Prozent zu Ende April 2025. Das deutet auf erheblich geringe Steuerzahlungen von Porsche und BMW hin. Dennoch sollen die Gewerbesteuern insgesamt – also verteilt über alle Branchen – weiter steigen. Bisher können die anderen Wirtschaftszweige die Lücke bei den Autobauern also offenbar ausfüllen.
Wie genau sich die Vorauszahlungen bei den einzelnen Unternehmen entwickelt haben, ist unklar. Bei Porsche will man sich nicht dazu äußern. „Die Höhe der Gewerbesteuer“, heißt es lediglich, „hängt insbesondere von den Ergebnisbeiträgen der Porsche AG und ihren Tochtergesellschaften in Deutschland ab.“
Stadt hat geringere Einnahmen schon eingepreist
Aus dem städtischen Finanzdezernat heißt es nur, die Branche habe für die Stadt einen hohen Stellenwert: „Ein Rückgang in der Branche Automobile führt zu Mindereinnahmen aus der Gewerbesteuer in dieser Branche.“
Nach LVZ-Informationen rechnet die Stadt für das laufende Jahr zwar mit geringeren Gewerbesteuern von BMW und Porsche. Allerdings sind die aktuellen Rückgänge demnach in der Gewerbesteuerprognose bereits berücksichtigt. Die Stadt hofft offenbar, dass BMW und Porsche nicht noch weniger Gewinn anmelden. Bisher geht die Stadt für das laufende und die kommenden Jahre laut Haushaltsentwurf von weiter moderat steigenden Gewerbesteuereinnahmen aus. Unklar bleibt aber, woher genau die kommen sollen.
„Wir müssen mehrgleisig fahren.“ – Clemens Schülke (CDU), Wirtschaftsbürgermeister
Doch: Ein Umdenken hat im Rathaus längst begonnen. So verstärkt die Stadt ihre Bemühungen, die Wirtschaft auf mehrere Beine zu stellen, im Banker-Sprech: zu diversifizieren. „Wir müssen mehrgleisig fahren“, hatte Wirtschaftsbürgermeister Clemens Schülke (CDU) in einem LVZ-Interview vor einigen Monaten gesagt.
Gelingen soll das mit einer Clusterstrategie: Demnach unterscheidet das Rathaus jetzt in Innovations- und Fokusbranchen. Zu den Innovationsbranchen gehören die Zukunftsfelder Life Sciences, die Digitalwirtschaft sowie den Bereich Greentech. Es sind jene Branchen, die die Stadt als Wachstumstreiber betrachtet.
Diese Branchen erhalten verstärkt Ressourcen wie Fördermittel, aber auch Flächen für Ansiedlungen. Im Fokus stehen mehrere Projekte: In der Baumwollspinnerei entsteht mit dem Digital Hub ein Zentrum für Gründer, Forschung und Unternehmen, in dem neue Technologien und Geschäftsfelder entwickelt werden. Als Fertigstellungstermin wurde zuletzt Mitte 2026 genannt. An der Messe entwickelt sich in der BioCity derweil die Biotechnologie-Branche weiter – gleich , darunter der Innovationshub für Biotech in Halle 12.
Der Automotive-Bereich zählt laut der neuen Unterteilung der Stadt zu den Fokusbranchen. Diese sollen zwar wichtig bleiben und ebenfalls weiterentwickelt werden, ihnen gilt jedoch nicht die alleinige Aufmerksamkeit. Die Entwicklung bei Porsche liefert jetzt den Beweis, warum das wichtig ist.