Der Reinraum hat Fenster, damit die Beschäftigten sehen können, ob es draußen Tag oder Nacht ist. Für das psychische Wohlbefinden seiner Mitarbeitenden nimmt die Jenoptik AG etwas Sonneneinstrahlung im Reinraum in Kauf, auch wenn es nicht hundertprozentig ideal ist.
Die Arbeitsbedingungen sind ein Faktor, wo der börsennotierte Technologiekonzern aus Thüringen beim Wettbewerb um die Fachkräfte mit den großen Chipherstellern Infineon oder Bosch aus der Nachbarschaft mithalten kann und will. Nach zweieinhalb Jahren Bauzeit eröffnete er am Dienstag seine neue Hightech-Fabrik im Dresdner Airportpark.
Michael Kretschmer in gedämpfter Stimmung
Im Beisein von Kunden, Partnern, Baubeteiligten und Nachbarn drückten Vorstandschef Stefan Traeger und Standortleiter Andreas Morak gemeinsam mit Ministerpräsident Michael Kretschmer und Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert den symbolischen Startknopf, der die Fab mit einer kleinen Lichtshow eröffnete. Mit mehr als 100 Millionen Euro Finanzierungskosten ist es die höchste Einzelinvestition in der Firmengeschichte von Jenoptik.
Kretschmer wirkte ungewohnt zurückhaltend und nachdenklich angesichts des Kanzlerwahl-Debakels in Berlin. Er attestierte dem Jenoptik einen „Ruf wie Donnerhall“. Überall auf der Welt kenne man das Unternehmen. Das sei am Ende auch eine ostdeutsche Erfolgsgeschichte. „Etwas, was uns gemeinsam stolz machen kann, was uns zeigt: Ja, wir haben diese blühenden Landschaften und die sind nicht vom Himmel gefallen, sondern die sind hart erarbeitet worden“, so Kretschmer. Und dazu gehöre Ruhe und Stabilität. „Nur mit meiner stabilen Regierung können wir die Dinge klären“, betonte der CDU-Politiker mit Blick auf den schweren Start der neuen Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz.
Dresdner Fab bündelt Mikrooptik-Aktivitäten
Jenoptik-Chef Traeger ist stolz, dass die größte Einzelinvestition der jüngeren Firmengeschichte in der geplanten Zeit umgesetzt werden konnte, trotz steigender Preise und knapper Ressourcen. Dies sei eine „hervorragende Leistung“, bedankte er sich bei allen am Bau Beteiligten. Das Unternehmen hatte ursprünglich bei den ersten Überlegungen vor fünf Jahren mit 70 Millionen Euro Investitionen, geworden sind es rund 100 Millionen Euro, die der Chipindustrie-Ausrüster allein ohne Fördermittel stemmt.
Jenoptik produziert keine Halbleiter. Warum ein Standort in Silicon Saxony dennoch wichtig ist, erklärt Traeger so: „Das Interessante ist, dass wir die gleichen präzisen Technologien brauchen wie die Chiphersteller, um die Systeme und Komponenten zu produzieren, die in die Maschinen für die Chipherstellung gehen.“ Der Konzern ist seit 2007 in Dresden vertreten und produziert hier photonische Module. In der neuen Fab werden seit einigen Wochen mikrooptische Sensoren hergestellt für die Maschinen, die in der Halbleiter-Lithografie und Lasermaterialbearbeitung zum Einsatz kommen.
Die Thüringer dürfen keine Kundennamen nennen. Aber es ist davon auszugehen, dass die großen Namen in der Halbleiterausrüstungsindustrie zum Kundenkreis gehören. Kretschmer verriet in seinem Grußwort einen Kunden – ASML. Das niederländische Unternehmen ist der weltweit größte Anbieter von Lithografiesystemen für die Halbleiterindustrie. „Wir haben uns bewusst für einen der bedeutendsten Standorte der Halbleiterindustrie in Deutschland und Europa entschieden, an dem viele globale Unternehmen und Forschungseinrichtungen der Branche präsent sind“, betonte Traeger auf der Eröffnungsfeier.
Die bisher über die Stadt Dresden verteilten Standorte sind nun unter einem Dach vereint. In der neuen Hightech-Fab arbeiten inzwischen knapp 100 Menschen. Eigentlich sollten 120 Arbeitsplätze besetzt werden. Doch der Personalaufbau wurde wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit etwas verlangsamt. Auch in der Halbleiterindustrie ist eine gewisse Ernüchterung eingezogen. Vor allem Aufträge für Ausrüstungen von Chipfabriken hatten 2024 für einen Umsatzanstieg von 4,7 Prozent auf 1,12 Milliarden Euro gesorgt. Für dieses Jahr stehen allerdings weniger Aufträge in den Büchern, es wird mit einem Umsatz auf Vorjahresniveau gerechnet.
Die mikrooptischen Sensoren, die Jenoptik in Dresden fertigt, zeichnen sich durch höchste Präzision auf kleinstem Raum und eine sehr flache Bauweise aus. Sie lenken Licht mittels Mikro- und Nanostrukturen und werden im Gegensatz zu konventionellen Optiken in einem Lithografieverfahren hergestellt, das dem in der Halbleiterproduktion ähnelt. Aber es gibt einen Unterschied. Während in den Reinräumen von Infineon, Globalfoundries oder Bosch nebenan die Waferscheiben in einem vollautomatisierten Transportsystem unter der Decke hin und her sausen, werden bei Jenoptik viele Prozessschritte manuell getätigt.
Hohe Umweltstandards
Die Fab wird nach eigenen Angaben neben den anspruchsvollen Fertigungsbedingungen auch hohen Umweltansprüchen gerecht. Jenoptik will den „KfW 40 Standard“ und die „LEED-Gold-Standard Zertifizierung“ erreichen, die sehr umfassende und strenge Gebäude-Kriterien in Sachen Nachhaltigkeit festlegen. So wurden beim Bau Recycling-Materialien verwendet, auf dem Dach ist eine Photovoltaik-Anlage installiert und eine energieeffiziente Gebäudehülle sowie eine Anlage zur Kälte- und Wärmerückgewinnung wurden neben intelligenter Steuerungstechnik verbaut. Zudem sorgt eine zentrale Chemikalienanlage für sparsamen Verbrauch.
Nach zwei Stunden waren die Gäste fort, die Eröffnungsfeier beendet. Morgen wird noch einmal gefeiert, dann lädt Jenoptik die 200 Beschäftigten im Mikrooptik-Bereich aus Dresden und Jena zum Mitarbeiterfest ein.
SZ